Textlabor #4

Artikel und Genderstern

Eine Genderleicht.de-Leserin hat sich mit einem Beispieltext aus dem Transportwesen an das Textlabor gewandt. Sie hat zwei Gendersternchen kurz hintereinander gesetzt, eines im unbestimmten Artikel, eines im dazugehörigen Wort.

„Als Beispiel nehmen wir ein*e Lokführer*in, die …“

Irritiert fragt sie: Ist das korrekt so? Im weiteren Verlauf hat sie dann abgewechselt, mal von einer Lokführerin, mal von einem Lokführer geschrieben. Vom Textlabor erhofft sie sich einen Tipp, wie sie solche Schreibprobleme beim Gendern besser lösen kann.

Ihr Beispielsatz bringt das Problem mit den Genderzeichen auf Punkt: Artikel wie auch Pronomen müssen korrekt auf den Einsatz des Gendersterns „reagieren“. Enthält ein Satz ein Wort im Singular, das Sie mit einem Genderstern versehen wollen, wird es grammatikalisch kompliziert. Enthält ein Satz mehr als ein Genderzeichen, ist er meistens schwierig zu lesen.

Die anerkannte Lösung ist: Weichen Sie auf den Plural aus. Dann muss kein weiteres Genderzeichen beim Artikel gesetzt werden:
… als Beispiel nehmen wir Lokführer*innen, die …“

Wenn Sie den Genderstern benutzen, setzt der Text ein Zeichen mit einer bedeutsamen Botschaft: Auch Trans* Personen können Lokführer*innen werden.

Je nach Medium oder Zielgruppe, also wofür oder für wen der Text gedacht ist, ist ein Gendersternchen jedoch nicht unbedingt passend oder erwünscht. Verwenden Sie dann wenigstens die Beidnennung:

„Als Beispiel nehmen wir Lokführerinnen und Lokführer, die …“

Alternativ können sie den Satz neutral formulieren und dafür in einem Relativsatz die Tätigkeit beschreiben:

„Als Beispiel nehmen wir eine Person, die die Lok bedient …“

Und ein letzter Vorschlag: Werden Sie ganz konkret:

„Die Lokführerin Marianne B., die wie Ihre Kolleg*innen …“

Desweiteren versuchen Sie selbst ja den Schreibtrick der Variation des Geschlechtes. Sie schreiben mal von der Lokführerin und mal vom Lokführer. Wir empfehlen, diese Genderschreiblösung nur wohlüberlegt einzusetzen. Vielfach wird es als verwirrend empfunden: Kommt es auf das Geschlecht an oder ist das nur so geschrieben, um die Vielfalt zu verdeutlichen? Arbeiten Sie lieber mit Umschreibungen und prüfen Sie, ob Sie an der einen oder anderen Stelle die Personenbeschreibung weglassen können. Oft ist sie durch den textlichen Zusammenhang überflüssig.

Was bei Ihrem Textbeispiel sehr schön deutlich wird: Eine Veränderung der Sprache ruft andere Bilder hervor. Den Beruf des Lokführers halten Viele für einen typisch männlichen Beruf und liegen damit nicht einmal falsch: Nur ungefähr vier Prozent der Personen, die in Deutschland Schienenfahrzeuge führen, sind Frauen – sowohl in der Ausbildung, als auch später im Job. Wer die weibliche Bezeichnung nennt, zeigt dass es möglich ist, als Lokführerin zu arbeiten. Wer ein Sternchen dazu nimmt, macht deutlich, dass dieser Beruf selbstverständlich auch trans-, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen offensteht. Die eine wie die andere Formulierung macht jeweils diejenigen sichtbar, die diesen Berufsweg eingeschlagen haben.

Wir hoffen, wir konnten weiterhelfen.
Team Genderleicht

 

Mitten im Sprachwandel ist beim geschlechtergerechten Schreiben und Sprechen vieles noch offen. Das Team Genderleicht recherchiert fachlichen Rat und orientiert sich bei seinen Anregungen und Empfehlungen am allgemeinen Sprachgefühl.

Textlabor-Tipps teilen