Textlabor #21

Liebe ohne Doppelwort

Gezeichnete Glaskolben wie aus einem Chemielabor weisen auf das Serviceangebot des Textlabors hin: Hier bespricht das Team Genderleicht knifflige Textfragen.

Ein viel zu langes Wort auf einen kurzen, geschlechtergerechten Nenner zu bringen, das ist der Wunsch bei dieser Anfrage ans Textlabor:

Wie gendert man „Partnervermittlungsplattform“? Vielleicht als „Plattform zur Vermittlung von Partnerinnen und Partnern“? Es soll explizit der deutsche Begriff verwendet werden und kein englischer wie „Dating-Plattform“. Gesucht ist ein kurzer Ausdruck für eine Überschrift.

Früher war alles einfacher. Da hieß so ein Service „Heiratsvermittlung“ oder „Eheanbahnungsinstitut“. Ziemlich altbacken, aber es zeigt die Richtung auf: Das Wort beschreibt das Ziel und nicht die Menschen, die danach streben: Heirat und Eheanbahnung. Was suchen die Menschen in heutiger Zeit? Eine Liebesbeziehung, Heirat nicht ausgeschlossen, nur eben eines nach dem anderen. Also: statt um Partnerinnen und Partner geht es bei Ihrem Angebot doch ganz klar um Partnerschaft.

Das hieße dann in Ihrem Fall: „Plattform zur Vermittlung von Partnerschaften“ oder zusammengezogen in einem Wort: „Partnerschaftsvermittlungsplattform“. Das eine wie das andere klingt nur leider unromantisch. Die Begriffe sagen aber klar, worum es geht. So nüchtern sind sie als Unterzeile oder für den Eintrag ins Handelsregister geeignet. Oben drüber könnten Sie einen Emotionen auslösenden Begriff setzen, der zu Ihrer Marke wird. So machen es ja auch die Big-Player am Markt. Die Marken kennen wir alle. Mit Spaß am Formulieren kommen auch Sie auf eine einzigartige Lösung.

Die nächste Frage, die bei einem Doppelwort wie „Partnerschaft“ aufkommt: Der Wortteil „Partner“ müsste doch eigentlich mit Gendersternchen versehen werden? Also „Partner*innenschaft“. Nun ja, bei Doppelwörtern gehen die Meinungen auseinander.

Die einen sagen: Lasst uns das Wort mit dem kurzen, männlichen Wortstamm als Oberbegriff sehen. Durch das Anhängen des zweiten Wortes (Partnerbörse) oder des Wortteils (Partnerschaft) wirkt das Maskulinum generisch und damit für alle geltend.

Die anderen sagen: je mehr es um reale Personen geht, desto mehr sollte das Wort, um das es geht, auch selbst die Vielfalt der Geschlechter deutlich machen.

Vielfalt – ein gutes Stichwort, wenn es um die Liebe geht. Es sollen sich ja nicht nur „Partner“ finden, sondern Partnerinnen und Partner oder auch Partner*innen, letztere im Sinne der vielfältigen Geschlechtsidentitäten. Nur die Liebe zählt!

An dieser Stelle müssten Sie sich entscheiden, welches Signal Sie Ihrer Kundschaft geben wollen. Wen wollen sie zusammenbringen? Da es sich um eine persönliche wie sensible Thematik handelt – wer trifft durch die Vermittlung wen? – empfiehlt es sich, mit einer eingehenden Beschreibung für Klartext zu sorgen. Das Gendersternchen bei „Vermittlung von Partner*innenschaften“ würde ein eindeutiges Zeichen setzen, das aber auch erfüllt werden müsste.

Eine Alternative zu „Partner“ wäre das Wort „Single“. Single ist geschlechtsneutral. Einziges Manko: Single ist Englisch. Aber mal ehrlich, das Wort ist längst eingedeutscht und wir verstehen alle, was damit gemeint ist. Damit bekämen Sie auch, was Sie wünschen! Einen kurzen, treffenden Begriff: Singlebörse. Nur eben englisch.

Wenn Doppelwörter beim Gendern Probleme machen, empfehlen wir, sich auf die Suche nach einem ganz anderen Begriff zu machen. Unsere Sprache ist so vielfältig, es gibt immer weitere Möglichkeiten, dasselbe zu sagen.

Viel Freude beim Vermitteln von Herzensangelegenheiten.
Team Genderleicht

Linktipp
Textlabor #1: Doppelwort gendern

Rat und Expertise

Mitten im Sprachwandel gab es viele Fragen zum geschlechtergerechten Schreiben und Sprechen. Das Team Genderleicht hat während der ersten Projektphase 2020/21 viele Zuschriften beantwortet. Wir haben fachlichen Rat recherchiert und uns am allgemeinen Sprachgefühl bei unseren Anregungen und Empfehlungen orientiert. Wir finden: Zum Gendern ist alles gesagt. Eine Antwort auf Ihre kniffelige Frage finden Sie bestimmt im Textlabor.