Textlabor #20

Schabernack mit Wichtel*innen

Gezeichnete Glaskolben wie aus einem Chemielabor weisen auf das Serviceangebot des Textlabors hin: Hier bespricht das Team Genderleicht knifflige Textfragen.

Passend zur Adventszeit beantworten wir eine spezielle Anfrage. Vielleicht hat der Nikolaus persönlich die Frage gestellt, wer weiß? Gewünscht ist Anonymität, was wir stets respektieren.

Ich wäre interessiert, wie man „Wichtel“ am besten gendert.

Der Wichtel ist ein maskulines Substantiv und bedeutet Zwerg oder Kobold. Laut Wikipedia ist das Wichtelmännchen ein Fantasiegeschöpf, das in nordischen Sagen Gutes tut. In einigen deutschen Pfadfinderverbänden wie auch in Österreich werden interessanterweise die jüngsten weiblichen Mitglieder als Wichtel bezeichnet.

Im  Duden ist eine weibliche Variante der Wichtel bisher nicht verzeichnet. Doch offensichtlich gibt es den Wunsch, dem Wichtel eine ebenbürtige Wichtelfrau zur Seite zu stellen. Jedenfalls haben eine Vielzahl von Dekoshops Wichtelfrauen im Angebot, was auch uns in der Adventszeit ins Auge fällt. Manche nennen das weibliche Pendant übrigens Wichtelin. Eine hübsche Wortneuschöpfung wäre die Wichteline.

Die Erschaffung der Wichtelfrauen begrüßen wir sehr, denn im Fantasiebereich dominieren die männlichen Figuren: mit 69 gegenüber 31 Prozent weiblicher Charaktere in der Kategorie Monster/Kreaturen. Bei Tierfiguren ist es mit 87 zu 13 Prozent noch krasser – so die Erkenntnisse aus der Studie „Audiovisuelle Diversität“ von Elisabeth Prommer und Christine Linke vom Institut für Medienforschung der Universität Rostock, bekannt als MaLisa-Studie. Mit Wichtelfrauen zu mehr Gleichstellung der Geschlechter, auch das ist ein schöner Weihnachtswunsch.

Doch zurück zur Frage des sprachlichen Genderns: Wichtelmännchen und Wichtelweibchen werden als kleine knuddelige Gestalten dargestellt. In Zeichnungen oder als Püppchen und Figuren haben sie eine hohe Ähnlichkeit zu Menschen. Insofern könnte es durchaus sein, dass auch in der Welt der Wichtel nicht nur männliche und weibliche Wesen, sondern alle Geschlechter vorkommen. Konsequent könnten Sie also das Wort Wichtel mit dem Gendersternchen versehen: Wichtel*in, oder besser noch: Wichtel*innen.

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Wichteln.
Aber oh, das ist ja wieder etwas anderes …
Ihr Team Genderleicht 

Rat und Expertise

Mitten im Sprachwandel gab es viele Fragen zum geschlechtergerechten Schreiben und Sprechen. Das Team Genderleicht hat während der ersten Projektphase 2020/21 viele Zuschriften beantwortet. Wir haben fachlichen Rat recherchiert und uns am allgemeinen Sprachgefühl bei unseren Anregungen und Empfehlungen orientiert. Wir finden: Zum Gendern ist alles gesagt. Eine Antwort auf Ihre kniffelige Frage finden Sie bestimmt im Textlabor.