„Gendersensibles Sprechen ist selbstverständlich.“

von | 11. Oktober 2019 | Weggeräumt

Wenn es ums Gendern geht, scheinen sich die Jüngeren damit leicht zu tun, insbesondere an den Universitäten. Das Partizip „Studierende“ hat bereits das Wort „Studenten“ abgelöst. Viele junge Leute sprechen auch den Gender-Gap ohne ins Stocken zu geraten.

Aber ist das mit der geschlechtergerechten Sprache wirklich so easy? Und welche Rolle spielen dabei Medienberichte zum Gendern? Wir haben Studierende gefragt – Sieben Interviews in sechs Tagen.

Genderleicht.de im Gespräch mit Studierenden

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#5 Linda, studiert Anglistik

Vor drei Jahren ist Linda aus einem kleinen Dorf in der Eifel nach Bonn gezogen. Die 23-Jährige studiert Anglistik und Keltologie am Department of English, American und Celtic Studies an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Das Institut ist dafür bekannt, eine gendersensible Sprache im Universitätsalltag zu fördern. Linda sieht sich als queere Person im Findungsprozess. In Wirklichkeit hat sie einen anderen Namen.

 

Wann bist du das erste Mal mit gendersensibler Sprache in Berührung gekommen?

Bewusst bin ich tatsächlich auf der Uni damit in Kontakt gekommen. In meinem englischsprachigen Studiengang habe ich Dozierende, die Genderstudies anbieten, und dadurch bin ich intensiv eingestiegen.

 

Sprichst und schreibst du immer und überall gendersensibel? Ist das im Uni Kontext überhaupt so einfach?

Ich versuche es mittlerweile. Nur im Deutschen finde ich es ein bisschen schwierig. Da versuche ich eher die Pronomen zu vermeiden oder geschlechtsneutrale Begriffe zu verwenden. Im Englischen benutze ich die Pronomen, die das Gegenüber möchte, oder ich benutze „they“ und „them“, womit ich dann er und sie mitmeine und alle anderen Geschlechter auch.

 

Hast du Änderungen bei dir selbst bemerkt, wie fühlst du dich angesprochen?

Ich probiere gerade ein bisschen herum, da ich noch im Selbstfindungsprozess bin. Am wohlsten fühle ich mich aktuell mit „they“ und „them“. Im Deutschen haben wir kein geschlechtsneutrales Pronomen, sodass es auch okay ist, wenn Leute das weibliche Pronomen nutzen.

 

Wie stehst du zur Nutzung von „es“ als Personalpronomen?

„Es“ geht schon, aber nicht für alle. Ich habe schon Leute getroffen, die das Pronomen für sich nutzen. Doch aus verschiedenen Gründen möchten viele das Pronomen nicht. Ich möchte nicht, dass jemand mich als „es“ benennt. Ich verbinde damit negative Gefühle.

 

Ist dein Bewusstsein in den letzten Jahren auch durch die Genderdebatte in den Medien gestiegen?

Ja, die Debatte hat mich bestärkt, mich noch genauer damit zu beschäftigen. Es ist viel präsenter im Alltag und besonders auch hier an der Uni im Department.

 

Gibt es einen Moment oder eine Situation, die dich besonders überrascht hat?

Positiv überrascht hat mich besonders, dass die Leute an meinem Institut so tolerant sind. Ich habe noch niemand getroffen, der oder die gesagt hat, dass er oder sie es nicht akzeptiert. Wenn man mit Dozierenden spricht, gehen sie immer auf dich ein und versuchen dich richtig anzusprechen. Natürlich ist es für sie auch eine Umgewöhnung. Das finde ich sehr gut. Ich weiß, dass es nicht überall so ist und ich hier in einer kleinen Bubble lebe. Die Offenheit und Toleranz hier wäre in unserer Gesellschaft wünschenswert.

Jeden Tag ein Gespräch mehr

#1 Jana, Studentin der Sozialen Arbeit (7.10.19): „Ich freue mich sehr, wenn Leute gendern.“

#2 Arne, Masterstudent der Physik (8.10.19): „Gendergerechte Wortwahl sollte geschickt und flüssig sein.“

#3 Carlotta und Linus, Studierende der Medizin (9.10.19): „Gendern ist ein wichtiger Schritt zur Geschlechtergerechtigkeit.“

#4 Tobias, Student der Elektrotechnik (10.9.19): „Ich gendere nie.“

 

Tipps fürs Gendern beim Schreiben und Sprechen

… finden Sie bei Tipps & Tools

Studierenden empfehlen wir Sprachleitfäden der TU Berlin, TU Dresden und der Uni Köln auf unserer Seite Wissen.

 

Portrait Anna E. Poth

© privat

Anna E. Poth

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Anna E. Poth diskutiert viel und gerne, um andere Leute zum Umdenken und Hinterfragen anzustoßen. Das gendergerechte Sprechen lässt sie auch als Theaterregisseurin noch sensibler auf ihr Gegenüber eingehen. Ihre journalistischen Projekte können zudem auf der Bühne wiedergefunden werden.

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