Kreative Bildersuche, so geht’s

von | 4. Dezember 2024 | Bildimpulse

Nahaufnahme von zwei blauen Augen

Augen auf bei der Bilderwahl. Das ist auch das Motto von Bildermächtig. / Foto © Xin, AdobeStock

„Ein freier Kopf ist Voraussetzung für ein gutes Ergebnis bei der Bildersuche“, sagt Laura Schierholz: „Verabschieden Sie sich von dem stereotypen Bild, das Ihnen zunächst für das Thema einfällt. Lassen Sie sich auf eine Reise ein, durch eine Flut von Bildern, bis Sie das ideale Foto gefunden haben. Im besten Fall sind Sie selbst positiv davon überrascht“.

Laura Schierholz ist Bildredakteurin für das Verbrauchermagazin test und die Digitalausgabe test.de. Ich habe sie schon einmal interviewt zu Stereotype und Klischees. Das haben wir dann in einem Gespräch über ihre tägliche Arbeit vertieft, die Suche nach dem passenden Symbolbild. Wie sie vorgeht, berichtet sie hier:

9 Tipps für die optimale Suche in Bildagenturen

1. Klein und simpel am Anfang

Bei der Bildersuche fange ich immer klein an. Nehme ich mal als Beispiel die Suche für das Thema „Sonnencreme“. Ich könnte mit dem Schlagwort „Sonnencreme“ beginnen. Oft ist ein Stimmungsbild aber schöner, etwas mit Atmosphäre. Dann starte ich mit dem Suchwort „Sonne“. Ich will mich gedanklich nicht einschränken, ich möchte offene Ergebnisse und etwas finden, an das ich gar nicht gedacht habe.

2. Suche verfeinern

Wenn ich beim ersten Begriff merke, da kommt nichts, fange ich an zu verfeinern. Wenn ich dann schon die Vorstellung habe: „Es wäre wirklich schön, irgendwas am See zu haben“, dann kann ich „Sonne“ und „See“ suchen. Es ist schlau, immer spezieller zu werden, anstatt von vornherein in den Suchverlauf einzugeben: „Mann, Sonne, See“. Da gibt es keine guten Ergebnisse. Ich würde dann auch Frauen ausschließen. Es ist ein Prozess. Wenn ich einen freien Kopf habe, bekomme ich bei dieser Suche nach und nach neue Ideen. Ich entdecke dann Bildideen, mit denen ich so nicht gerechnet habe. Ich erlebe diese Überraschung ganz oft, wie bei dem Bild mit dem Flamingo-Schwimmreifen am See.

Ein Mann rennt mit einem aufblasbaren Flamingo-Schwimmreifen durchs Flachwasser eines Sees. Die Sonne strahlt.

Screenshot Stiftung Warentest, 18.7.2024, Foto © Ekaterina Yakunia, Westend61

3. Der Weg der Kreativität

Anfang des Jahres musste ich das Thema „Diätkonzepte“ bebildern. Ich habe erst mal den Begriff so eingegeben, wie er ist. Ich wollte wissen, was dazu kommt, was es dazu schon gibt. Das ist auch eine gute Empfehlung: sich vorab darüber klarzuwerden, wie wird das Thema oft dargestellt? Dann kann ich abstrahieren: „So will ich es aber nicht.“ Nämlich keine extrem übergewichtigen Menschen mit einem Burger und/oder Pommes in der Hand. So sehen die meisten Menschen nicht aus. Wir versuchen im Heft und Online auch möglichst keine Negativbeispiele zu zeigen. In jedem Fall ist es wichtig, Schritt für Schritt vorzugehen, vom Groben ins Feine, besonders bei abstrakten Themen wie Diät, Psychotherapie, Demenz, Stromtarife und Vererben.

4. Offen für Überraschungen

Die Bildersuche ist eine Reise oder auch ein Schlingerkurs. Ich springe viel hin und her. Mir fällt dann ein: „Ach das Wort habe ich da noch gar nicht eingegeben. Dann muss ich da noch mal gucken.“ Am Ende habe ich ein tolles Ergebnis. Bei den Diätkonzepten wurde es eine Mischung aus Foto und Illustration. Also überhaupt nicht das, womit ich gestartet bin. Das gehört zur Bildersuche dazu: Wenn ich nichts finde, womit ich arbeiten kann, mache ich es eben anders.

Blick von oben auf einen Tisch, an dem vier Personen essen

Genau hingeschaut: auf dem unteren Tellern liegen gezeichnete Speisen. Screenshot test.de
Foto © Alamy; Illustration Stiftung Warentest, Isabella Galanty

5. KI bei der Bildersuche

Die Künstliche Intelligenz (KI) hilft bei der Bildersuche. Ich kann sie zum Beispiel „ähnliche Bilder“ suchen lassen, zu einem Bild, das ich schon habe. Das bieten viele Agenturen an. Oder ich kann genau das Bild suchen lassen, so also die Bildquelle finden. Bei den meisten Agenturen kann ich die Bildersuche mithilfe von KI aber auch ausstellen.

Aber an sich, finde ich, nutzt mir die KI beim Bildersuchen nicht. Die Ergebnisse finde ich nicht gut. Wenn die KI für mich denkt, ist das nicht von Vorteil. Ich halte mehr davon, ergebnisoffen zu suchen. Ich habe den Eindruck, dass bei Vielen oft schon feste Bilder im Kopf sind. Das ist das Problem. Das hat nichts mit der Suche zu tun hat, sondern mit dem Davor: Ich finde es wichtig, sich davon zu befreien, wie bestimmte Bilder auszusehen haben.

6. KI-generierte Bilder

Laut dem EU-AI-Act müssen künstlich generierte Bilder gekennzeichnet sein. Das heißt, es muss eigentlich immer dabeistehen. Ob das alle Bildagenturen und -produzent*innen so machen, ist die Frage. Was aber gut ist, dass ich bei der Suche KI-generierte Bilder über den Filter ausschließen kann. Adobe hat bereits super viele KI-generierte Bilder, da fällt es manchmal schon schwer zu unterscheiden. Für uns im Journalismus ist wichtig, immer zu filtern und jedes Bild genau anzugucken. Wir wollen keine KI-Bilder verwenden.

7. Menschen anonymisieren

Symbolbilder sind eine Illustration für den Text. Sie sollen neugierig machen oder auch eine Stimmung vorgeben. Sind Menschen abgebildet, muss allerdings klar sein, dass es im Text nicht um sie geht. Um sie zu anonymisieren, ist Unschärfe natürlich ein gutes Mittel. Oder wenn eine Person von hinten fotografiert ist, oder jegliche Form von Anschnitt. Die einen verstehen das sofort, dass so ein Bild abstrakt ist, und die anderen nicht. Sie denken, das sei die Person. Das ist ein Problem, was sich kaum lösen lässt: Manche Leute legen an Bilder einen Wahrheitsgehalt an, den die gar nicht haben.

8. Veraltete Bildsprache

Zum Beispiel „Geld und Immobilien“: Dazu gibt es in den Agenturen Bilder mit kleinen Spielzeughäuschen und irgendwie gestapelten Münzen. So plakativ wurde das früher gemacht. Das hat das Thema gut illustriert, aber heute empfinden wir diese Bildsprache als altmodisch. Das ist auch so, wenn Bildsituationen mit Menschen irgendwie grotesk überzeichnet sind. Mir hilft es dann auf das Datum zu schauen: Wie alt ist denn das Bild? Ich nehme mir immer vor alles auszuschließen, was älter als 5 Jahre ist, außer es geht um was Historisches.

9. Bildauswahl nach Wunsch

Geschmack spielt eine große Rolle. Es kann sein, dass einige in der Redaktion sagen: „Das Bild finde ich irgendwie nicht gut“, und die andern meinen: „Aber das passt perfekt.“ In unserem Team, also Grafik, Bildredaktion und Art Direktion, diskutieren wir, welchen generellen Look wollen wir befördern? Welche Art von Bildstrecken passt gut zu uns? Entsprechend funktioniert dann die Bildauswahl, so dass ich schon bei der Bildersuche weiß, welche Bilder mein Magazin braucht. Freie Bildredakteur*innen, die mal für dieses oder jenes Medium arbeiten, müssen sich jeweils auf deren Wünsche einstellen.

Bebilderung – gar nicht so einfach

Ausgebildete Bildredakteur*innen wissen ganz genau, wie sie in Bildagenturen suchen. Es ist ihr Handwerkszeug. Immer öfter aber müssen auch Journalist*innen, die eigentlich auf Textarbeit spezialisiert sind, selber für die Bebilderung ihrer Beiträge sorgen. Für sie und alle anderen, die nach Bildern in Agenturen suchen, haben wir mit Laura Schierholz weitere Tipps zusammengestellt.

Profitipps für die Bildersuche

Zum Start

Wenn es schnell gehen muss, ist picturemaxx gut. Die Plattform hat aber nie alle Bilder im Angebot, sei es aus Lizenzgründen, oder weil die Bildübernahme noch in Arbeit ist.

Direkte Suche

Sie können auch direkt zu den Bildagenturen gehen. Legen Sie Lesezeichen für die Accounts an, die Sie gebucht haben. Sie werden Sie noch oft brauchen.

Leistungsangebot der Agenturen

Machen Sie sich mit dem jeweiligen Bildbestand vertraut. Je besser Sie wissen, bei welcher Agentur Sie was finden, umso schneller sind Sie.

Techniken der Bildersuche

Beachten Sie die Agenturhinweise für eine erfolgreiche Suche in ihrem Bilderangebot. Nutzen Sie die angebotenen Filter. Probieren Sie hin und her.

Ideensammlung

Wandern Sie auf Ihrer Suche von Agentur zu Agentur und lassen Sie die Tabs offen. So können Sie Bilder besser wiederfinden und vor und zurück springen.

Suche verfeinern

Erweitern Sie Ihren Blick auf Serien und Kollektionen. Achten Sie auf den Stil oder die Komposition von Bildern.

Kritisch sein

Verwerfen Sie Suchergebnisse, die altmodisch wirken oder zu US-amerikanisch für Ihr Medium oder Ihr Thema (Häuser, Straßen, Wohnungseinrichtungen etc.).

Ergebnis überprüfen

Passt das gefundene Foto zur Bildsprache Ihres Mediums? Passt es zum Text? Erfüllt es die Erwartungen an Diversität, an Klischeefreiheit?

Kosten im Blick

Prüfen Sie: Lohnt sich der Preis für genau dieses Foto? Gibt es das gleiche oder ein ähnliches Bild auch bei einer anderen Agentur, die preisgünstiger ist?

Faktor Zeit

Sie haben es nicht eilig? Starten Sie Ihre Suche ein paar Tage später noch einmal. Die Agenturen haben oft schon wieder neue Bilder im Angebot und vielleicht haben Sie selbst inzwischen eine andere Idee für die gesuchte Bebilderung.

Portrait Christine Olderdissen

© Katrin Dinkel

Christine Olderdissen

Genderleicht & Bildermächtig Projektleiterin

Als das erste Mal eine Interviewpartnerin mit dem Glottisschlag sprach, war das für sie ein Signal: Schluss mit dem generischen Maskulinum, lieber nach einer sprachlichen Alternative suchen. Eine einfache und elegante Lösung findet sich immer. Lange Zeit Fernsehjournalistin galt ihr Augenmerk schon immer der Berichterstattung ohne Stereotype und Klischees.

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