Agenturen wie dpa texten jetzt sensibler

von | 24. Juni 2021 | Gendern im Journalismus, Medienschau

Der Jubel hätte in allen Redaktionen zu hören sein müssen. Genderleicht.de feiert den Durchbruch der Geschlechtergerechtigkeit in den Medien. Dpa verkündete am Montag, 21. Juni 2021, Punkt 10 Uhr: Alle deutschsprachigen Nachrichtenagenturen haben sich darauf geeinigt, das generische Maskulinum schrittweise zurückzudrängen. AFP, APA, dpa, epd, Keystone-sda, KNA, Reuters und SID haben als gemeinsames Vorgehen vereinbart, „diskriminierungssensibler zu sprechen und schreiben“.

Die Folgen dieser Entscheidung sind unfassbar wirkungsvoll: Wenn künftig Agenturtexte fein ausgewogen formuliert sind, so wird das in allen Medien zu spüren, besser noch, nachzulesen sein. Wir, als Projekt des Journalistinnenbundes (jb), feiern das auch als unseren Erfolg.

 

Zeitenwende

„Es ist so, dass ‚das Gendern‘ vielfach verballhornt wird, es dient Wahlkampfzwecken. Dagegen nutzen nun die Agenturen, genau wie der jb, die geschlechtergerechte Sprache, um Sachverhalte präzise darzustellen und damit einen Mehrwert in der Berichterstattung zu schaffen. Frauen werden nicht mehr länger eventuell mitgemeint, sondern sprachlich sichtbar“, lobt Friederike Sittler, Vorsitzende des Journalistinnenbundes, die bahnbrechende Entscheidung.

Auf der Website von Genderleicht.de war von Anbeginn von dpa Nachrichtenchef Froben Homburger das folgende Zitat zu lesen: „Wir wollen jenen Spielraum für Gendergerechtigkeit nutzen, den uns die Sprache auch ohne solche besonderen Schreibweisen schon jetzt lässt.“ 2019 war das seine Erklärung, warum Deutschlands größte Presseagentur keine Genderzeichen verwenden will. Seine Worte gaben die Richtung vor: Wer an die amtlichen Rechtsschreibregeln gebunden ist – diese Verpflichtung sehen die meisten Medienhäuser für sich –, muss andere Wege gehen. Und die liegen ausgesprochen nah, denn es geht nur darum, mit den Mitteln der deutschen Sprache Texte besser zu machen und gendersensibel zu schreiben. Dies ist kein Zauberwerk, es muss nur einfach getan werden.

So halten es die Agenturen mit dem Gendern

In ihrer aktuellen Pressemitteilung setzt dpa eine Beispielliste für gendersensible Formulierungen hinzu. Das geübte Auge erkennt darin die Standards des geschlechtergerechten Schreibens, die auch in den Genderleicht-Schreibtipps enthalten sind. Der Journalistinnenbund hatte 2017 die Zeichen der Zeit erkannt und gibt seit 2019, seit dem Launch des erfolgreichen Webportals, Medienschaffenden wichtige Impulse zu Geschlechtergerechtigkeit in Wort und Bild. Die Methode Genderleicht bringt unser Team in Impulsvorträgen, bei der Schulung von journalistischem Nachwuchs sowie von Redaktionen und Kommunikationsabteilungen Vielen nahe.

Wer Genderstern & Co. für mehr Sichtbarkeit geschlechtlicher Vielfalt einsetzen will, kann das neben diesen Schreibtechniken tun. Genderleicht empfiehlt die Genderzeichen, wenn sie zum Medium und zur Zielgruppe passen und so gesetzt sind, dass der Text verständlich und gut lesbar ist.

Die Nachrichtenagenturen werden auf absehbare Zeit diesen Schritt nicht gehen, weil die meisten ihrer Medienkunden auch weiterhin keine Genderzeichen nutzen werden. Die bislang ablehnende Haltung des Rats für deutsche Rechtsschreibung ist für sie entscheidend. Die Agenturen halten sich deshalb an die einfache Regel: „viele andere Möglichkeiten zur Vermeidung diskriminierender Sprache und zur Sichtbarmachung von Diversität sind konsequent zu nutzen“.

Kreativ werden hilft

Genderleicht empfiehlt: Journalist*innen, die es mit der Vielfalt ernst meinen, sollten ihre Schreibroutinen überprüfen und sich von überflüssigen Sprachhülsen und leeren Phrasen verabschieden. An deren Stelle tritt als Spaßfaktor die Wiederentdeckung sprachlicher Kreativität. Dazu Präzision und Recherche, einfach gutes journalistisches Handwerk. Kurzum: Sagen, was ist. Also genau das, was die Qualität der Nachrichtenagenturen ausmacht.

Portrait Christine Olderdissen

© Katrin Dinkel

Christine Olderdissen

Genderleicht & Bildermächtig Projektleiterin

Als das erste Mal eine Interviewpartnerin mit dem Glottisschlag sprach, war das für sie ein Signal: Schluss mit dem generischen Maskulinum, lieber nach einer sprachlichen Alternative suchen. Eine einfache und elegante Lösung findet sich immer. Lange Zeit Fernsehjournalistin galt ihr Augenmerk schon immer der Berichterstattung ohne Stereotype und Klischees.

Ideen und Impulse

Bei Genderleicht & Bildermächtig finden Sie Argumente und Fakten sowie Tipps und Tools für die gendersensible Medienarbeit.

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